7/18/2007

Sapere Aude

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
Auch 223 Jahre nach der ersten Veröffentlichung dieser Erklärung hat sich an der Brisanz der Kant´schen Erkenntnis nichts geändert. Allerdings sind die "anderen" heut andere. Zielte Kant seiner Zeit auf weltliche und geistliche Herrscher, sowie die strenge Geschlechtertrennung sind es heute die Medien, die für viele das Denken übernommen haben.

Wie oft hört man inzwischen zu den populären Themen die immer gleichen Argumente, und wie oft sind die Leute dann nicht mal in der Lage, Fragen nach dem Wie oder dem Warum zu beantworten? Zu oft. Sich eine fundierte Meinung zu bilden ist schließlich anstrengend, man muss sich mehr als eine Quelle anschauen und dann auch noch drüber nachdenken. Da betet man lieber runter, was man in der erst besten Quelle vorgesagt bekommt. Horden von Stammtischpolemikern diskutieren sich gegenseitig die Ohren ab ohne zu merken, dass sie nicht mehr sind als eine Horde plappernder Papageien.

Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es Anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein.
Unrecht ist das unseren Medienkonglomeraten sicher auch nicht. Hat man es mal geschafft dahinter zu kommen, welche Medien wirklich einigermaßen unnabhängig sind, nicht zufällig zum gleichen Konzern gehören und kennt dazu noch deren politische Richtung kann man anfangen das dort geschriebe zu interpretieren. Und mit einiger Erfahrung kann man sich dann sogar selbst eine fundierte Meinung bilden. Bis zu diesem Punkt kommt allerdings nur noch der kleinste Teil der Bevölkerung wie mir scheint.

Wo liegt der Grund, dass wir von einer Unmündigkeit in die nächste gerutscht sind? Waren wir vielleicht nie draussen? Liegt es gar in der Natur des Menschen? Alles in mir sträubt sich gegen diese Annahme. Auch wenn sich Angesichts hirnbefreiter Rudel alkoholisierter Jugendlicher, 31% Lohnerhöhung forderndes Zugpersonals oder wütender straßenstürmender Mobs im Nahen Osten der Eindruck, es mit leeren Zombies zu tun zu haben, schon fest setzten könnte.
Oder spricht sich einfach nur zu leicht davon wenn man das Privileg hat in der "gehobenen Mittelschicht" aufzuwachsen? Hat man schlicht keinen Kopf dafür, wenn man sich Sorgen um elementarere Dinge des Lebens machen muss? Sicher auch, aber nicht nur.

Auch andere Aspekte des Verstandes verkümmern zusehens zusammen mit der Fähigkeit, sich selbst eine durchdachte Meinung zu bilden. Fantasy, Neugier. Man hetzt vor sich hin, getrieben von den Idealen der Gesellschaft, strebt nach Erfolg, nach Anerkennung. Und das in einer Zeit, in der man eigentlich die Möglichkeit hätte, es anders zu machen. In der doch einige nicht nur aufs überleben achten müssen.

Etwas wirr heute meine Gedanken, doch das Thema beschäftigt mich. Immerhin war es das, was unsere Zivilisation vorwärts gebracht hat. Mut, Neugier, Entdeckergeist, sich eigene Gedanken machen, neue Wege gehen. Dank der weiten Verbreitung von Informationen hätten heute mehr Menschen denn je die Gelegenheit, sich daran zu beteiligen.
Statt dessen greift Egoismus und Desinteresse um sich, Faulheit und Feigheit. Und die Medien laben sich daran, füttern fleissig die Massen mit dem, was ihnen gerade in den Kram passt. Wenn es keine Schlagzeilen gibt, werden welche gemacht. Eine Herde blöckender Schaafe, plappernder Papageien, die sich auch noch unglaublich schlau und informiert vorkommen und nicht merken, wie sie manipuliert werden. Die sich der Illsuion hingeben, selbstständig zu denken. Man ist nur zufällig der gleichen Meinung oder der andere hat einem das Wort quasi aus dem Munde genommen.

Am schlimmsten das Geschäft mit der Angst. Halte die Leute in Angst und sie werden dir auch noch dankbar dafür sein, wenn du sie bevormundest. Gib ihnen ein Feindbild und du kannst ihnen alles erzählen. Halte die Leute in Angst und du kannst mit ihrer Freiheit, mit ihren Rechten spielen wie du willst.

Sapere Aude, 223 Jahre alt und doch wichtiger denn je. Wir leben in einer guten Zeit und wir sollten das nutzen. Denn wo die Gedanken des einzelnen regieren statt der gesteurten Meinung der Massen, dort haben auch Menschlichkeit, Freundschaft und Respekt einen Platz. Und alles drei würde unserer Gesellschaft nicht schaden.

Ein Denkender


7/09/2007

Is Sommer?

Ganz offensichtlich sollten wir jedes Jahr eine WM veranstalten, und die gleich von Juni bis September, vielleicht haben wir dann mehr Glück mit dem Wetter. Dieses Grau in Grau bei mäßigen Temperaturen drückt schon ein wenig aufs Gemüt, mir zumindest.
Ob das der Grund für die lange Pause war? Ich glaube nein. Aber irgendwie erschien mir keines der Themen, die in meinem Kopf rum spukten ergiebig genug.
Schwer in Versuchung kam ich ja bei der Idee, die Steuern für Frauen zu senken und für Männer zu erhöhen. Sozusagen der Ausgleich dafür, dass Frauen im Schnitt immer noch schlechter verdienen wie Männer. Postitive Diskriminierung war das Schlagwort. Allein erziehende Väter haben sich sicher drüber gefreut, und unser total durchschaubares Steuersystem hätte das bisschen Zusatzaufwand sicher auch locker verkraftet. Frauenquoten, Frauenparkplätze, Frauensteuern. Klingt schwer nach Gleichberechtigung, kein Zweifel. Ob sich die Natur bei der Aufgabenteilung mal was gedacht hatte spielt schließlich für unsere ach so moderne und aufgeklärte Gesellschaft keine Rolle mehr. Die Zeiten, in denen die meisten Jobs aus harter, körperlicher, dreckiger Arbeit bestanden sind zum Glück vorbei und der Selbstverwirklichung der modernen Karrierefrau steht nichts mehr im Weg. Danke Alice, willkommen im feministischen Wunderland.

Aber das nur am Rande. Ich wollte über das Wetter sprechen. Trüb, überaus trüb. Meine Seele bekommt eindeutig zu wenig Sonne. So ein strahlend weisser Winter ist ja ok. Oder ein gülden leuchtender Herbst. Ich hab auch nichts gegen das blaue Band des Frühlings. Aber so ein grauer Sommer setzt mir schon zu.
Man steht auf und der Tag mag gar nicht so richtig beginnen. Mal will spazieren gehen aber immer sind da die drohenden Wolken am Horizont. Man würde gerne grillen, aber halb unterm Dach, einpackt in eine wärmende Jacke macht dass dann auch weniger Spaß. Ich hoffe ja noch ganz stark auf den August, denn wenn das Wetter mir auch noch den Urlaub vermiest hab ich schlechte Laune bis Weihnachten, dass will man ja niemandem zumuten.

Vielleicht tut das schlechte Wetter ja wenigstens meinem Arbeitseifer bei der anstehenden Bachelorarbeit gut. Weniger Gefahr für Ablenkung. Schon erstaunlich dass übrigens, eben noch mein Abi gemacht, und auf einmal soll das (erste) Studium auch schon beendet sein? Beängstigend. Wenigstens brauch ich mir als notorischer Dauersingle keine Gedanken um Familienplanung machen. Dafür aber über das "was dann". Noch einen Master zum Bachelor? Gern. Welchen? Keine Ahnung.
Ein schwieriges Thema ist das. Was will ich mal werden? Wo liegt meine Zukunft? Was will ich erreichen?
Auch ich hatte da mehrere Phasen. Mehrere Jahre Urlaub auf dem Bauernhof im Allgäu liesen den Wunsch entstehen, auch mal als Landwirt tätig zu sein. Der hat sich nicht lang gehalten, die Liebe zu den Bergen ist allerdings geblieben. Später tendierte das eigentlich schon mehr Richtung studieren und Naturwissenschaften. Auch Informatik war ein Thema.

Und dann habe ich einen Fehler gemacht. In 12/13 waren meine schriftlichen Noten in den Paradefächern Mathe und Physik eher mäßig, was vor allem auf übergroße Faulheit zurückzuführen war. Im nachhinein ist es dann doch eher lächerlich, aber damals war es ausreichend mich von der Idee eines naturwissenschaftlichen Studiums abzubringen.

Nachdem auch die Bewerbungen Richtung Informatik (BA) im Sand verliefen kam ich zu einer glohrreichen Idee. In Gemeinschaftskunde und verwandten Themen war ich auch ohne viel Aufwand immer gut gewesen. War jetzt nicht so mein Steckenpferd, aber ich konnte es wenigstens ganz gut. Ich bin bis heute dankbar dass ich damals für Politikwissenschaft keinen Studienplatz bekommen habe.
Es wurde dann schließlich Informationsdesign, ohne allerdings große Ahnung zu haben, was ich da eigentlich studiere. Aber auch hier haben mich drei Jahre klüger gemacht. Weiss nicht so genau was ich damals so gedacht habe, aber das ausgerechnet jemand in einen Designstudiengang geht, der BK nach Klasse 11 mit einer 3 abgewählt hat war wohl schon etwas seltsam.

Ich bin auch nach drei Jahren Studium noch kein allzu toller Designer, und zeichnen kann ich auch noch nicht, aber so einen Gewissen Sinn für Gestaltung und Ästhetik habe ich durchaus entwickelt. Viel interessanter war ein mir bisher unbekanntes Gebiet, auf das ich im Studium gestoßen bin: HCI, Human Computer Interaction. Da mich hier aber mehr die Forschung interessiert, steh ich mit meinem Bachelor of Arts (FH) dann auch schon wieder nicht so toll da, und einen vernünftigen, "Science" lastigen Master zu einem deutschlandweit einmaligen Bachelor zu finden stellt sich auch als nicht trivial raus.
Aber irgendwann geht das Leben los, Geld will verdient sein, die Eltern werden zurecht unruhig, und die meisten Züge sind einfach abgefahren. Wenn alles gut läuft bekomm ich also nochmal die Kurve und lande letztendlich doch wieder in der Gegend in die ich mal wollte, wenn auch in einem fachlich anderen Gebiet.

Bevor ich jetzt voll vergesse was ich eigentlich sagen wollte: Schaut euch die Ziele genau an bevor ihr in einen Zug steigt, möglicherweise bekommt ihr keine Gelegenheit nochmal umzusteigen. Normal fährt auch kein Zug zurück. Also sollte man dort ankommen, wo man auch wirklich die nächsten Jahre verbringen will. Sich für ein Thema, für das man sich begeistert, den Arsch aufzureissen und alles zu geben um dort seine Ziele zu erreichen ist wesentlich einfacher als sich für etwas zu motivieren, dass man einfach nur macht damit man etwas macht. Passt auf welchen Teil der Zeitung ihr am liebsten lest. Bei welchen Dokus ihr hängen bleibt und nicht weiter zappt. Welche Zeitschriften ihr gern im Abo hättet. Über was ihr euch mal ohne Probleme 5 und mehr Stunden unterhalten könnt. Hört auf eure Familie, eure Freunde. Und lasst euch von kurzzeitigen Launen oder Ängsten nicht entmutigen.

Hier grollt nun schon wieder entfernt der Donner. Vielleicht riskier ich ja nachher noch einen Spaziergang. Auf jeden Fall ess ich jeden Tag brav meinen Teller leer und fordere auf diesem Wege alle auf, es mir gleich zu tun, für besseres Wetter und einen schönen Sommer!